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Rickenbacher, Josef: Nicole (1988)

Während der Steinhauer und Plastiker Josef Rickenbacher in seinen frühen Arbeiten überwiegend mit Stein gearbeitet hat, wandte er sich in den 60er Jahren bei den figürlichen Arbeiten ausschliesslich der Bronze zu. Dabei verfeinerte er auch die ehemals kräftigen, teils groben Formen der Steinskulpturen in schlanke, stehende Gestalten aus Bronze.

Für diese spätere Schaffensperiode steht auch die Arbeit Nicole des Schwyzer Künstlers vis-à-vis des Kino Gotthard. Die Figur steht in schlichter, abwartender Haltung in der Mitte des Gotthardhofes. Die in der Form klare und auf das Wesentliche reduzierte weibliche Figur strahlt in ihrer Körperhaltung Ruhe und Gelassenheit aus. Den Gesichtsausdruck der Plastik hat Rickenbacher zu Gunsten der Gesamterscheinung von Nicole etwas in den Hintergrund gerückt. Die Frauenfigur ist eine feingliedrige und realistische Plastik, von grosser Einfachheit und auf wenige, klare Formen reduziert. Das zarte Gesicht ist fein ausgearbeitet; Schultern und Arme sind rund ausgeformt, und die Haare fallen weich auf den Rücken. Demgegenüber wirken der Körper und das Gewand schematisch und wenig detailliert gestaltet. Die fein modellierte Oberfläche erscheint in einem warmen Bronzeton. Ganz die Ruhe selbst steht sie unter den Bäumen, hält die Hände verschränkt und wartet ab.

Vielleicht steht bei Nicole nicht so sehr das Objekt ihres Wartens im Zentrum, sondern der wartende Zustand als solcher. Auf diesem oft hektischen Platz nahe dem Bahnhof, über den sich täglich Pendlerströme ergiessen, wird für einmal das gelassene Abwarten zu einer beinahe provozierenden Haltung.

Anlässlich ihres 75-Jahre-Jubiläums schenkte die Firma V-ZUG 1988 das Werk Nicole der Stadt. Es kam an diesen Standort, weil dort die Gründer.familie der 1913 gegründeten Verzinkerei Zug AG (heute V-ZUG) ihren Wohnsitz hatte.

Josef Rickenbacher schuf zahlreiche Werke für den öffentlichen Raum, viele auch für jenen in der Stadt Zug. So realisierte er 1960 für das Lehrerseminar St. Michael eine Engel-Plastik aus Zement und eine Abendmahldarstellung als Bronzerelief. Für die Schulanlagen Kirchmatt und Herti entstanden 1965/66 und 1974/76 Brunnen und Plastiken. Für den Regierungsratssaal gestaltete der Künstler 1965 ein Kruzifix und für den Friedhof St. Michael 1975 ein Friedhofkreuz. Das Relief an der Tür und die Plastik in der Eingangshalle des ehemaligen Stadthauses am Kolinplatz schuf er im Jahr 1981, sowie die Sitzgelegenheiten und Stelen in der Halle des Zollhauses im Jahr 1983.

Josef Rickenbacher (1925-2004) wurde in Steinen (SZ) geboren. Von 1942 bis 1946 absolvierte er eine Bildhauerausbildung an der Kunstgewerbeschule in Luzern. Anschliessend arbeitete er im Grabmalatelier Jeker in Bern sowie bei den Bildhauern Karl Geiser in Zürich und Albert Schilling in Arlesheim (BL). 1949 übernahm er das Atelier von Fritz Wotruba in Zug. Wiederholt bezeichnet Josef Rickenbacher das freie Schaffen als «Dessert», denn «da kann man sich erholen, da trifft man sich selber, kann sich geben, wie man ist. Freies Schaffen widerspiegelt, wie es um einen steht, was du bist. Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, dass man wirklich frei ist und sich von allem ringsum lösen kann.» Ebenso plädierte der Bildhauer immer wieder für das Risiko, das er als Freischaffender schon früh selber eingegangen war. 1983 erhielt er den Kulturpreis des Kantons Zug. Mit seinem Werk ist er im öffentlichen und sakralen Raum in der ganzen Schweiz präsent.

Josef Rickenbacher, Nicole, 1988, Plastik, Bronze, 215x80x80 cm, Bundesplatz 16, Eigentum Stadt Zug, Schenkung V-ZUG (1988)
Josef Rickenbacher: Nicole